Operation Tiznit
Einleitung
Ende September 1950 ist das 1° B.E.P. unter Chef de Bataillon Pierre Segrétain in That Khe an der Route Coloniale 4 stationiert.
Es ist zusammen mit dem 1° Tabor, dem 11° Tabor, sowie einem Bataillon de Marche des 8° R.T.M. ein Teil der Kampfgruppe von Lieutenant-Colonel Marcel Le Page, dem sogenannten Groupement Bayard, welches in That Khe bereit gehalten wird.
Die Erkenntnisse der letzten Tage habe gezeigt, dass die Vietminh rund 30 Bataillone im Raum Dong Khe und That Khe zusammengezogen haben.
Nach dem Fall von Dong Khe am 18. September 1950 ist That Khe nun stark bedroht.
Trotzdem weicht man in Lang Son und Hanoi nicht von den noch geheimen Plänen zur Evakuierung von Cao Bang über die Route Coloniale 4 ab.
Karte der Region Cao Bang bis That Khe (6,1 MB)
30. September 1950 - That Khe
Am Morgen des 30. September 1950 erhält Lieutenant-Colonel Marcel Le Page schließlich aus Lang Son von Colonel Jean Constans den Befehl für die Operation Tiznit.
Der Befehl beinhaltet im Wesentlichen für das Groupement Bayard den Auftrag zur Rückeroberung von Dong Khe bis spätestens zum Mittag des 02. Oktober 1950.
Gleichzeitig soll die Route Coloniale 4 auf der Strecke zwischen That Khe und Dong Khe mit ausreichenden Kräften für den Rückzug gesichert werden und für weitere Operationen um Dong Khe sollen zwei Bataillone nach erfolgter Einnahme bereit gehalten werden.
Über die Details der weiteren, sich anschließenden Pläne lässt man Lieutenant-Colonel Le Page allerdings noch völlig im Dunkeln.
Seine noch am gleichen Tag formulierten Bedenken, u.a. zur offensichtlich deutlich überlegenen Stärke der Vietminh in der Region und dass bei der Operation keine ausreichende Artillerie zur Verfügung steht, da die Reichweite der Geschütze aus That Khe überschritten wird, lassen Colonel Constans unbeeindruckt.
Am Nachmittag werden die führenden Offiziere der Bataillone des Groupement Bayard von Lieutenant-Colonel Le Page in die Operation Tiznit eingewiesen.
- Er plant den Schutz der Nacht auszunutzen und noch bei Einbruch der Dunkelheit aufzubrechen. Das 11° Tabor soll zunächst den 703 einnehmen, gefolgt vom 1° Tabor, welches sich am Loung Phai einnisten soll. Das 8° R.T.M. soll dann weiter den Bergzug östlich der Route Coloniale 4 im Bereich zwischen Na Moc bis Nga Ngaun einnehmen.
Das 1° B.E.P. soll dann auf Höhe von Na Pa auf dem Na Keo eine Kompanie zur Absicherung hinterlassen, um mit dem Hauptteil des Bataillons weiter in Richtung Dong Khe vorzustoßen.
- Im weiteren Verlauf des 01. Oktober 1950 soll das 11° Tabor ein Goum auf dem 703 zurücklassen, mit einem weiteren Goum das 1° Tabor am Loung Phai ablösen und mit den restlichen beiden Goums die Kompanie des 1° B.E.P. am Na Keo herauslösen.
Das 1° Tabor soll sich nach Ablösung bis Na Pa begeben, wo es mit dem P.C. des Groupement Bayard verbleiben soll.
- Für den Angriff der Zitadelle von Dong Khe am Morgen des 02. Oktober 1950 ist das 1° B.E.P. vorgesehen. Die anderen Truppen sollen an den Flanken unterstützen.
Lieutenant-Colonel Le Page äußert bereits seine Vermutung, dass Dong Khe erobert werden soll, um Cao Bang über die Route Coloniale 4 zu evakuieren. Er hat dazu bislang jedoch noch keine Infomationen erhalten.
Auch beim 1° B.E.P. herrschen Bedenken über die Möglichkeit zur Einnahme von Dong Khe, sollten dort größere Truppenteile der Vietminh stationiert sein. Zudem wird That Khe nun völlig allein gelassen.
Doch es bleibt keine Zeit für Gedanken, die Offiziere des 1° B.E.P. werden von Chef de Bataillon Pierre Segrétain und Capitaine Pierre Jeanpierre eingeweisen, man packt für zwei Tage Verpflegung und noch am gleichen Abend rollt die Operation Tiznit an.
Die ersten Bataillone des Groupement Bayard werden ab dem späten Abend im Schutz der Dunkelheit mit LKW zum Posten Pont Bascou verbracht.
Von dort aus machen sich die Marokkaner in der geplanten Reihenfolge auf den Weg.
01. Oktober 1950 - Dong Khe
Zunächst verläuft die Operation Tiznit planmäßig. Die Marokkaner können die ersten Positionen einnehmen ohne auf Widerstand zu treffen.
Das 11° Tabor erreicht den 703 gegen 01:00 Uhr, das 1° Tabor den Loung Phai gegen 03:00 Uhr.
Unterdessen wird auch das 1° B.E.P. ab 03:00 Uhr zur Pont Bascou verbracht.
Das 1° B.E.P. verbleibt dort zunächst beim P.C. von Lieutenant-Colonel Le Page und bricht unter der Führung von Capitaine Jeanpierre gegen 05:00 Uhr auf. Chef de Bataillon Pierre Segrétain bleibt beim P.C. zurück.
Sein 1° B.E.P. erreicht den 703 ohne Probleme, muss dann aber auf den P.C. des Groupement Bayard warten, welcher den Kontakt zu den vorderen Einheiten verloren hat und erst gegen 11:00 Uhr eintrifft. Capitaine Jeanpierre ist außer sich.
Inzwischen hatte das 8° R.T.M. bereits gegen 07:00 Uhr den Bergzug zwischen Na Moc und Nga Ngaun eingenommen.
Erst als der P.E.G. als Vorhut des 1° B.E.P. auf Höhe des 1° Tabor am Loung Phai ist, kann man dort eine Nachricht des 8° R.T.M. aufnehmen, dass keine Vietminh im Norden in Sicht sind und das 1° B.E.P. den Marsch beschleunigen soll.
Capitaine Jeanpierre bricht daraufhin mit dem P.E.G. des 1° B.E.P. von Lieutenant Roger Faulques umgehend wieder auf und erreicht das 8° R.T.M. um 13:30 Uhr.
Er erfährt dort von Commandant Arnaud, dass der Na Keo von den Vietminh nicht besetzt zu sein scheint.
Umgehend entsendet Capitaine Jeanpierre den P.E.G., um den alten Posten von Na Pa am Fuß des Na Keo einzunehmen.
Dies gelingt den Legionäre von Lieutenant Faulques ohne Widerstand und so entsendet er eine Aufklärungspatrouille, welche auf eine kleine Patrouille der Vietminh auf dem Weg nach Süden trifft.
In dem Schusswechsel werden drei Vietminh getötet, nur einem gelingt die Flucht in Richtung Norden.
Gegen 15:30 Uhr trifft der Rest des 1° B.E.P. in Na Pa ein. Die 1° Compagnie von Capitaine Pierre Garrigues wird auf den Na Keo entsandt, wo man verlassene Stellungen der Vietminh vorfindet.
Die 2° Compagnie von Capitaine Gilbert Bouyssou nimmt den 615 ein, um die Flanken zu sichern, während der P.E.G., gefolgt von der 3° Compagnie von Capitaine Robert De Saint-Etienne weiter in Richtung Dong Khe vorstößt.
Gegen 16:00 Uhr ist der P.E.G. in Sichtweite von Dong Khe, nur etwa 1500 Meter von der Zitadelle enfernt.
Man arbeitet sich vorsichtig auf den Poste Sud vor, doch nur noch 200 Meter entfernt werden die Legionäre plötzlich aus dem Posten heraus beschossen. Zwei Maschinengewehre und 81er Mörser schießen sich auf die Legionäre ein.
Der P.E.G. will den Poste Sud von Dong Khe in östlicher Richtung umgehen, doch aus dem Poste Pagode am südlichen Eingang von Dong Khe kommt nun ebenfalls Feuer.
Der Legionnaire Danillo Milani wird tödlich getroffen, zwei weitere Legionäre verletzt.
Während die Mörser der C.C.B. des 1° B.E.P. von Adjudant-Chef Charles Dupuis den Poste Sud unter Feuer nehmen, nehmen zwei Sections der nachfolgenden 3° Compagnie einen Felsen auf der westlichen Flanke des Postens ein.
Eine weitere Section der 3° Compagnie arbeitet sich auf der östlichen Flanke vor, am Fuß des 615, welchen die 2° Compagnie einnehmen soll.
Doch es gelingt zunächst nicht, die Waffen des Poste Sud zum Schweigen zu bringen.
Gegen 17:00 Uhr bittet Capitaine Jeanpierre, welcher sich hinter dem P.E.G. befindet, dass Lieutenant-Colonel Le Page umgehend auch den Rest des 1° B.E.P. entsendet, um Dong Khe noch am gleichen Abend einzunehmen. Er vermutet, dass Dong Khe nur schwach besetzt ist und in einem Überraschungsangriff eingenommen werden kann.
Tatsächlich ist die Zitadelle von Dong Khe zu diesem Zeitpunkt vermutlich nur von wenigen Vietminh besetzt, da die Zitadelle nach der Einnahme durch die Vietminh ein beliebtes Zeil der französischen Kampfflieger ist.
Chef de Bataillon Pierre Segrétain stößt ebenfalls hinzu und ist anderer Meinung bezüglich eines Überraschungsangriffs. Und Lieutenant-Colonel Le Page entscheidet sich letztlich gegen einen Angriff, um nicht auf Luft- und Artillerieunterstützung verzichten zu müssen. Er vertagt den Angriff auf den nächsten Morgen, wo ihm zudem der Abwurf von zwei Geschützen zugesagt wurde.
Zudem hat er die berechtigte Sorge, dass die umliegenden Felsen von Vietminh mit schweren Waffen besetzt sind und die Legionäre so trotz möglicher Einnahme der Zitadelle dort zusammengeschossen werden könnten.
Und so ziehen die Legionäre des 1° B.E.P. sich zunächst wieder zurück, soweit es geht.
Am Abend liegt die 3° Compagnie weiter auf dem Felsen vor dem Poste Sud, westlich der Route Coloniale 4 bei Na Tiang, unterstützt nun von der 4° Compagnie des 8° R.T.M.
Auf der östlichen Seite auf dem 615 bei der 2° Compagnie finden sich auch die 1° Compagnie, sowie die C.C.B. und der P.E.G. ein.
Der Na Keo, ein Stück weiter südlich, wird derweil von den zwei übriggebliebenen Goums des 11° Tabor besetzt, dem 5° Goum und dem G.C.A.
Der P.C. des Groupement Bayard richtet sich im Posten von Na Pa ein, das 1° Tabor im Umfeld. Der Rest des 8° R.T.M. liegt weiter auf den Felsen zwischen Na Moc und Nga Ngaun.
02. Oktober 1950 - Dong Khe
Die Nacht verläuft ruhig, zumindest bei den Truppen des Groupement Bayard.
Die Vietminh sind derweil vermutlich schon rege damit beschäftigt, ihre Truppen um Dong Khe in Position zu bringen.
Am Morgen des 02. Oktober 1950 beginnt der Angriff des Groupement Bayard auf Dong Khe. Lieutenant-Colonel Le Page hat erneut eine Zangenbewegung vorgesehen. Während das 1° Tabor an der westlichen Bergflanke vorstößt, nimmt das 1° B.E.P. die östliche Flanke.
Während die 3° Compagnie weiter mit der Kompanie des 8° R.T.M. den Felsen vor dem Poste Sud hält und dadurch etwas an Feuerschutz gewähren kann, stoßen die 1° Compagnie, der P.E.G., der P.C. und die 2° Compagnie des 1° B.E.P. in dieser Reihenfolge vor.
Aber die Vietminh sind nun vorbereitet. Das komplette TD 209 hat sich in den Bergen um Dong Khe eingenistet und man wird schnell entdeckt.
Das 1° B.E.P. wird bei seinem Versuch in die Kalkfelsen südöstlich von Dong Khe vorzustoßen von der Zitadelle aus, als auch von den Bergen aus mit Mörsern und schweren Maschinengewehren gestoppt.
Auch die französischen Kampfflugzeuge können nicht viel ausrichten, in den Kalkfelsen liegen die Vietminh gut versteckt. Die Zitadelle wird unterdessen von drei alten Ju 52 abgedeckt, welche brennende Benzinkanister abwerfen.
Das 1° Tabor, bis auf sein 60° Goum, welches bei Na Pa zurückbleiben musste, kommt derweil auf der westlichen Seite von Dong Khe besser vorwärts.
Gegen 09:00 Uhr erreichen die Marokkaner einen Felsen auf der Höhe des Flugfelds von Dong Khe.
Bald darauf signalisiert ein Aufklärungsflugzeug, dass es massive Truppenbewegungen der Vietminh im Rücken des Groupement Bayard gibt, welche offenbar den Zweck haben, den Rückweg nach That Khe zu unterbinden.
Aus Osten stoßen diese über die Piste von Bo Bach über Nga Ngaun in Richtung von Na Pa, zwischen dem Na Keo und der Felsen von Na Moc vor und bedrohen damit sogar den P.C. des Groupement Bayard.
Die Kampfflugzeuge nehmen die Kolonnen der Vietminh ab 11:00 Uhr zwar unter massiven Beschuss, doch diese dringen trotzdem weiter vor.
Unterdessen erreicht die 1° Compagnie des 1° B.E.P. gegen 12:00 Uhr den Felsen von Poc Cam gegenüber des ehemaligen Poste Est, und kontrolliert damit den Weg von Bo Bach in Richtung Dong Khe.
Auch das 1° Tabor kommt im Westen von Dong Khe weiter vorwärts. Gegen 13:00 Uhr können das 58° und das 59° Goum den ehemaligen Poste Ouest, welcher das Flugfeld kontrolliert, einnehmen und sich dort festsetzen.
Von den Höhen um Dong Khe können sowohl das 1° Tabor, als auch das 1° B.E.P. gut beobachten, wie die Vietminh die Zitadelle weiter mit Truppen verstärken.
Es gelingt ihnen bis in den Gräben um die Zitadelle zu gelangen, trotz des Beschusses der Kampflugzeuge.
Beim P.C. des Groupement Bayard in Na Pa ist man derweil bemüht, Unterstützung in Richtung der Piste von Bo Bach zu entsenden, um den Vietminh den Weg nach Na Pa abzuscheiden.
Gegen 14:30 Uhr erhält Lieutenant-Colonel Le Page einen neuen Befehl per Flugzeug abgeworfen, den Befehl zur Operation Thérése.
Erst mit diesem Befehl von Colonel Constans erfährt er, dass Cao Bang in der Nacht zum 03. Oktober 1950 über die der Route Coloniale 4 evakuiert werden soll. Lieutenant-Colonel Le Page soll mit seinen Truppen den Rückzug aus Cao Bang decken und dazu bis zum 03. Oktober 1950 Nam Nang, in Höhe Kilometer 114 an der Route Coloniale 4, vorstoßen.
Man stellt ihm weiterhin nun frei, Dong Khe nicht mehr zu erobern, sondern zu umgehen und dort lediglich Truppenteile zur Fixierung des Gegners zu hinterlassen.
Und so wird der Angriff auf Dong Khe im Rahmen der Operation Tiznit abgebrochen. Das 1° B.E.P. wird zur Fixierung des Gegners auf dem 615 vorgesehen.
Siehe nun Operation Thérèse